Der schleichende Verlust geistiger Fähigkeiten
Demenz: Der schleichende Verlust geistiger Fähigkeiten
Das Wort Demenz stammt aus dem Lateinischen und bedeutet wörtlich übersetzt "ohne Geist". Es beschreibt eine Gruppe von Symptomen, die durch den fortschreitenden Verlust von höheren Gehirnfunktionen wie Gedächtnis, Denken und Orientierung gekennzeichnet sind. Menschen mit Demenz verlieren leider noch immer allmählich die Fähigkeit, ihren Alltag selbstständig zu bewältigen.
Können wir das Demenz-Risiko beeinflussen?
Bekannte nicht-beeinflussbare Risikofaktoren für eine Demenz sind das Alter sowie genetische Veranlagungen. Frauen sind zudem häufiger betroffen. Eine Auswertung von bisherigen Forschungsresultaten zu beeinflussbaren Risikofaktoren für Demenz wurde kürzlich von einer internationalen Autorengruppe im renommierten Lancet Journal veröffentlicht (Livingston J et al. Dementia prevention, intervention, and care: 2024 report of the Lancet standing Commission. Lancet 404:572-628, 2024). Dort werden signifikante Risikofaktoren aufgezeigt, wie zum Beispiel niedriger Bildungsstand, Kopfverletzungen, körperliche Inaktivität, Rauchen, übermässiger Alkoholkonsum, Bluthochdruck, Übergewicht, Diabetes, Hörverlust, Depression, soziale Isolation und Luftverschmutzung. Als neue Risikofaktoren wurden zudem ein unbehandelter Sehverlust und hohe Cholesterinspiegel identifiziert. Dadurch ergeben sich neue Ansätze, um das persönliche Demenz-Risiko zu reduzieren.
Prof. Dr. med. Christoph Tappeiner, Facharzt für Augenheilkunde und Chefarzt der Pallas Klinik in Olten, würdigt diese im Lancet Journal veröffentlichte Studie als Meilenstein in der Demenz-Vorsorge: «Diese Arbeit zeigt relevante Risikofaktoren für die Demenzentwicklung auf und schlägt erfreulicherweise auch sehr konkrete Massnahmen vor. Unsere Sinne wie das Sehen und das Hören sind wichtig, um mit unserer Umwelt zu interagieren und den Alltag zu bewältigen. Nun wurde die Bedeutung eines unbehandelten Sehverlusts für die Demenzentwicklung wissenschaftlich belegt. Dies bestärkt uns Augenärztinnen und -ärzte in unserem täglichen Einsatz, eine optimale Sehfähigkeit bis ins hohe Alter zu erhalten. Vorsorgeuntersuchungen und – sofern notwendig – medikamentöse und operative Massnahmen spielen hierfür eine wichtige Rolle.»
Eine gesunde Lebensweise ist entscheidend
Für die Demenz-Vorsorge ist eine gesunde Lebensweise ein zentraler Faktor und sollte daher lebenslang angestrebt werden. Neben einer gesunden Ernährung und ausreichend Bewegung spielt auch der Verzicht auf Rauchen und übermässigen Alkoholkonsum eine wichtige Rolle. Regelmässige soziale Kontakte und geistige Aktivitäten fördern das Denkvermögen und können das Demenz-Risiko zudem senken. Die internationale Expertengruppe hat im Lancet Journal konkrete Massnahmen zur Demenz-Vorsorge formuliert (siehe Tabelle).
Regelmässige medizinische Vorsorge
Eine Kontrolle von Bluthochdruck und Cholesterinspiegel ab dem mittleren Lebensalter sind ratsam, da diese Faktoren das Risiko für Demenz steigern können. Ein Sehverlust kann oft schleichend auftreten, weshalb regelmässige Vorsorgeuntersuchungen der Augenfunktion zu empfehlen sind. Die Früherkennung und Behandlung von Augenerkrankungen wie zum Beispiel des Grauen Stars (Katarakt), Grünen Stars (Glaukom) und der Makuladegeneration kann einen Sehverlust oder Gesichtsfelddefekte verhindern. Auch Hörverluste sollten erkannt und frühzeitig behandelt werden.
Das Gehirn fit halten
Geistige und soziale Aktivitäten sind wichtig, um das Gehirn bis in das hohe Alter gesund zu halten und Demenz vorzubeugen. So können Denkspiele und -aufgaben hilfreich sein. Auch soziale Kontakte spielen eine Schlüsselrolle, da Isolation das Demenzrisiko erhöht. Wer geistig aktiv bleibt und soziale Verbindungen pflegt, kann das Risiko einer Demenz somit aktiv reduzieren.
Prävention liegt in den eigenen Händen
Auch wenn nicht alle Demenzformen verhindert werden können, stellen die beeinflussbaren Risikofaktoren dennoch eine Möglichkeit dar, das persönliche Risiko zu senken. Eine gesunde Lebensweise, geistige und soziale Aktivitäten, sowie medizinische Vorsorgeuntersuchungen sind als effektive Massnahmen zur Risikoreduktion wissenschaftlich belegt.