«Diabetes bedeutet nicht Fahrausweisentzug»

Menschen mit Diabetes können unvermittelt von einer Unterzuckerung betroffen sein, die Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit ist dadurch plötzlich stark beeinträchtigt. Was tun, wenn die sogenannte Hypoglykämie beim Lenken eines Fahrzeugs einsetzt? Ist es überhaupt erlaubt, als zuckerkranke Person Auto zu fahren? Am Samstag, 18. März, stellten sich drei Fachexperten dieser Diskussion und beantworteten zahlreiche Fragen rund um das Thema «Diabetes und Autofahren».

Die Gefahren, die auf der Strasse lauern, sind gross. Wer ein Fahrzeug lenkt benötigt volle Konzentration, muss nicht nur für sich, sondern auch für andere Verkehrsteilnehmer mitdenken und im Fall der Fälle schnell und souverän reagieren können. Autofahren sollte man deshalb nur, wenn man sich fit fühlt. Was bedeutet dies für Menschen mit Diabetes, die aufgrund ihrer Krankheit unvermittelt von einer Hypoglykämie betroffen sein können und innert weniger Minuten in ihrer Reaktions- und Konzentrationsfähigkeit beeinträchtigt sind?

Auf Einladung der Gesellschaft Diabetes Solothurn diskutierten im Hotel Arte in Olten unter Anwesenheit von rund 80 teilnehmenden Personen Prof. Dr. med. Gottfried Rudofsky, Facharzt im Bereich Endokrinologie-Diabetologie; lic. iur.Daniel Bitterli, Präsident TCS Sektion Solothurn; sowie Dr. med. (HR) Marko Vlasic, Oberarzt für Augenheilkunde an den Pallas Kliniken. Sie stellten sich den Fragen der Diskussionsleiterin Dr. rer. pol. Tania Weng-Bornholt.

 

Das Beherrschen von Fahrzeug und Verkehrsregeln ist mindestens so wichtig

Daniel Bitterli betonte, dass Diabetes kein Hinderungsgrund sei, um ein Fahrzeug zu lenken. «Diabetes heisst nicht, dass Junge keinen Lernfahrausweis erhalten oder älteren Menschen bei einer Diabetesdiagose der Fahrausweis entzogen wird», sagte der Solothurner TCS-Präsident. Fahrzeuglenker müssten grundsätzlich im Vollbesitz ihrer Kräfte sein, um die nötige Aufmerksamkeit für den Strassenverkehr mitzubringen und natürlich auch das Fahrzeug sowie die Verkehrsregeln beherrschen.

 

Blutzuckerwert stabil einstellen

«Für Diabetikerinnen und Diabetiker gilt, dass ihr Blutzucker stabil eingestellt sein muss, dass sie vor dem Fahren ihren Blutzucker messen und nie mit einem Blutzuckerwert unter fünf Millimol pro Liter fahren», gab Prof. Dr. Gottfried Rudofsky zu verstehen. Ausserdem gelte es, schnell verwertbare Kohlehydrate – zum Beispiel Traubenzucker, Orangensaft oder Getreideriegel – griffbereit zu haben, so dass man im Fall einer drohenden Unterzuckerung schnell reagieren könne.

 

Diabetische Retinopathie kann zur Erblindung führen

Der Blutzuckerwert hat ausserdem auch einen Einfluss auf die Augen. Zu hohe Blutzuckerwerte können eine sogenannte diabetische Retinopathie verursachen. Dabei werden die Blutgefässe im Auge geschädigt, was die Netzhaut beeinträchtigt und in der Folge die Sehfähigkeit schwächt. Die diabetische Retinopathie ist die Hauptursache für Erblindungen von 20- bis 74-jährigen Personen in Industriestaaten. «Eine Stabilität ist auch bei der Sehkraft nötig», betonte Dr. Marko Vlasic. Eine regelmässige Untersuchung beim Augenarzt sei deshalb sehr wichtig, um die Sehkraft zu prüfen und Augenkrankheiten auszuschliessen oder rechtzeitig zu erkennen. «Viele Augenkrankheiten beginnen schleichend, ohne dass man sie wahrnimmt. Bei einer regelmässigen Kontrolle können wir sie rechtzeitig erkennen und handeln», so der Augenexperte weiter.

 

Eigenverantwortung wahrnehmen

«Beim Lenken eines Fahrzeugs geht es immer um Eigenverantwortung», fasste Daniel Bitterli zusammen. Wer sich nicht wohlfühle, solle generell aufs Autofahren verzichten. Das gelte natürlich genauso für Menschen mit oder ohne Diabetes.

Autor
Pallas Kliniken
Publiziert am
28.03.2023
Kategorie
Menschen
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